Naturverträgliche Rückdrängung der Herbstzeitlosen -

aber nur auf landwirtschaftlich genutzen Flächen!

 

Das bisher in den unteren Kinzigauen naturverträglich erzeugte Mähgut, das üblicherweise als Tierfutter Verwendung findet, ist derzeit nicht mehr verkäuflich. Hohen finanzielle Einbußen und eine kostenintensive Ent-sorgung können sich für die wirtschaftenden Landwirte langfristig existentiell bedrohend auswirken.

 

Die bis heute auf den Grünlandflächen, insbesondere in Erlensee und Langenselbold, aber auch in Rodenbach, Gründau und Hasselroth ent-standene Situation ist aber nicht nur für die Landwirtschaft, sondern

auch aus Naturschutzsicht als sehr ernst zu bezeichnen.

 

Auf Initiative der Stadt Langenselbold kam es daher zu einem außer-gewöhnlichen Novum, zur zielorientierten Kooperation von Kommunen, Landwirtschaft und Naturschutz.

 

 

Grünland stellt grundsätzlich eine breite Palette überwiegend anthropogen geprägter Lebensräume dar, die nur durch regelmäßigen Schnitt erhalten werden können. Aspektbildend sind Gräser und Kräuter in mehr oder weniger geschlossenen Beständen.

 

Die Vegetation der Wiesen, und mit ihr eine charakteristische Tierwelt, erfuhr in der Vergangenheit durch die Intensivierung der Bewirtschaftung (häufige Mahd, Düngung, Drainage, Herbizide, Neueinsaat) einen ein-schneidenden Wandel bis hin zur Gefährdung ganzer Tier- und Pflanzen-gesellschaften, mit der negativen Folge einer eklatanten Abnahme an Artenvielfalt.

 

Durch die „Extensivierung“ (keine Düngung, keine Entwässerung, wenige und zeitlich festgelegte Mahdtermine) entstanden in der Kulturlandschaft an der unteren Kinzigaue in den letzten Jahrzehnten botanisch sehr hochwertige Lebensräume, die eine Vielzahl seltener und gefährdeter Tier- und Pflanzenarten beherbergen.

 

Wiesentypische Pflanzenarten brauchen den Eingriff der Mahd, der die Sukzession immer wieder zurückstellt. Im Focus des Naturschutzes stehen die wiesenbrütenden Vogelarten (Limikolen) wie Kiebitz, Bekassine, Großer Brachvogel, aber auch der Weißstorch sowie Amphibien wie der stark gefährdete Laubfrosch, der Kammmolch oder die Gelbbauch-unke. Eine weitere wichtige Tiergruppe stellen Insekten dar, darunter Libellen, Tagfalter und andere.

 

 

Insbesondere der moderne Wiesenvogelschutz benötigt variable Mahdmuster in der Fläche und über die Zeit, um in der Brutzeit immer wieder Brut-, Nahrungs- und Rückzugsräume anzubieten.

 

Die wie bisher auf den 15. Juni festgelegten Mahdtermine führten in der Vergangenheit immer wieder dazu, dass – je nach Wetterlage – das gesamte Grünland auf einen Schlag geräumt war, worauf unter anderem der starke Rückgang der Wiesenbrüter und vieler anderer betroffener Arten zurückgeführt werden muss.

 

Moderner Wiesenvogelschutz und die Rückdrängung der Herbstzeitlosen können sich im Rahmen des Projektes auf geeignete und hervorragende Weise ergänzen.

 

Im Ballungsraum Main-Kinzig besitzen artenreiche Auenwiesen zudem für die Menschen der Region einen sehr hohen Erholungswert. Wenn die betroffenen Flächen durch die Landwirtschaft zukünftig nicht mehr unein-geschränkt genutzt werden können, drohen sie innerhalb weniger Jahre zu verbrachen und zu verbuschen mit allen Folgen eines Verlustes an Bio-diversität.

 

Das Projekt wird den regionalen Artenreichtum fördern und damit die Region für die Naherholung sichern und attraktiver machen. Ein wichtiger Bestandteil des Projektes sind auch Informationstafeln in Form eines Lehrpfades am Hessischen Radfernweg R3, der den Menschen in der Region die Kulturlandschaft mit ihrer Artenvielfalt näher bringen soll.

 

Deshalb soll mit einem als innovativ zu bezeichnenden Pilotprojekt der zunehmenden Ausbreitung der Herbstzeitlosen durch eine  naturver-trägliche Bewirtschaftung (variable Mahdmuster / verschiedene Mahdzeiten) entgegengewirkt werden, um sie schließlich auf ein verträgliches Maß zurückzudrängen.

 

Das Gesamtvorhaben basiert auf dem strategischen Ansatz „Schutz durch Nutzung“ und setzt ganz bewusst auf die Kooperation mit der örtlichen Landwirtschaft. Wissenschaftliche Projektpartner der Gesellschaft für Naturschutz und Auenentwicklung sind der Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen und die Untere Naturschutzbehörde des Main-Kinzig-Kreis.

 

Die Kartierungen werden von wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen der GNA durchgeführt, die Bestände der Herbstzeitlosen qualitativ und quantitativ erfasst und auswertet. Die Ergebnisse fließen in ein wissenschaftliches Konzept und in Maßnahmenempfehlungen, die direkt zur Umsetzung kommen.

 

Die im Projektverlauf ermittelten Daten und wissenschaftlich aufbereiteten Erkenntnisse sind übertragbar, werden allen Betroffenen zur Verfügung stehen und als Konzept zukünftig in der Region Anwendung finden.

 

Ebenso sollen die Ergebnisse in Zwischen- und Abschlussberichten sowie mit Hilfe anderer medialen Formen der interessierten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. 

 

Das Projekt hat nicht zuletzt durch den Erhalt der Kulturlandschaft

in den Flussauen an der Kinzig einen sehr großen Nutzen für die Bürgerinnen und Bürger der Region (Erholungswert) und kommt

damit in besonderer Weise dem Gemeinwohl zugute.